Wohnhäuser wurden durch den letzten Krieg 2014 zerstört
Palästinensische Gebiete
Palästinensiche Gebiete: Aktuelle Situation im Gazastreifen
Palästinensische Gebiete
Menschen leiden in der Region Nablus an mentalen Störungen
der Bevölkerung im Gazastreifen ist unter 15 Jahre alt
Gaza - Leben unter israelischer Kontrolle
Als „Gefängnis unter freiem Himmel“ bezeichnen manche Bewohner/-innen den Gazastreifen – denn Israel kontrolliert, wer ein und ausreisen darf. Auf nur 365 km2, also weniger als die Hälfte der Fläche Hamburgs, leben dort rund 2 Millionen Menschen, über 50 Prozent von ihnen Kinder. In den zehn Jahre seitdem die Hamas mit Gewalt die Macht im Gazastreifen übernommen und Israel seine Blockade zu Land, See und Luft begonnen hat, hat sich die Situation kontinuierlich verschärft. Es mangelt buchstäblich an allem: Nahrungsmitteln, sauberem Trinkwasser, Medikamenten und Dingen des täglichen Bedarfs. Auch medizinisches Fachpersonal ist rar und Möglichkeiten zur Weiterbildung sind kaum vorhanden. Viele Krankheiten, wie zum Beispiel Brustkrebs, können im Gazastreifen nicht mehr behandelt werden. Überweisungen nach Jerusalem oder Ägypten werden von den israelischen Behörden oft zu spät oder überhaupt nicht bewilligt. Dies endet für Patienten, unter ihnen auch Kinder, oft tödlich.
Es mangelt an allem: Medikamenten, Nahrungsmitteln und Dingen des täglichen Bedarfs
42 Prozent der Patient/-innen, die dringend medizinische Hilfe außerhalb Gazas benötigen, wird die Ausreise verweigert. Viele Frauen werden ungewollt schwanger, weil ihnen nicht genügend Informationen zur Familienplanung zur Verfügung stehen oder sie keinen Zugang zu Verhütungsmitteln haben. Da sie den Gazastreifen nicht verlassen können, müssen sich viele einer riskanten Abtreibung ohne jede medizinische Betreuung unterziehen.
Durch die seit Jahren andauernde Stromversorgungs-Krise bekommen die Bewohner nur noch vier bis sechs Stunden am Tag Elektrizität. Dies beeinträchtigt alle Aspekte des Alltags und gefährdet vor allem auch die Gesundheit der Menschen. Viele Kinder leiden an Durchfall oder andere durch Wasser übertragene Krankheiten, weil Abwasser- und Entsalzungsanlagen oft nicht voll in Betrieb sind. Krankenhäuser müssen Operationen verschieben und Patienten frühzeitig entlassen.
News
Seit die ersten Covid-19-Infektionen im Gazastreifen festgestellt wurden, sind die Behörden und weite Teile der Bevölkerung in Alarmbereitschaft. Würde sich das Virus ausbreiten, wäre die Epidemie wohl kaum kontrollierbar. Ärzte der Welt ist seit Jahren vor Ort aktiv.
Fast ihr ganzes Leben hat die Palästinenserin Muzian abu Znaid in Flüchtlingslagern verbracht. Ihre Geschichte ist ein beeindruckendes Beispiel, wie palästinensische Familien sich allen Widerständen zum Trotz ein Leben aufbauen. Ärzte der Welt unterstützt sie mit psychosozialen Angeboten.
Die Palästinenser im Westjordanland sind Übergriffen radikaler israelischer Siedler oft schutzlos ausgeliefert. Ärzte der Welt leistet Betroffenen psychosoziale Hilfe. Hier berichten drei von Ihnen von der alltäglichen Gewalt und den Einschüchterungsversuchen.
Westjordanland - Eine Atmosphäre der Gewalt
Die Welle der Gewalt, die 2015 im Westjordanland begann, dauert an. 2016 wurden 91 Palästinenser im Zusammenhang mit angeblichen oder wirklichen Anschlägen oder bei anderen Zusammenstößen mit Sicherheitskräften und radikalen Siedlern getötet, rund ein Drittel davon Kinder und Jugendliche. In der gleichen Zeit wurden 15 Israelis von Palästinensern getötet. Zahlreiche weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Auch 2017 gab es bereits Dutzende Todesopfer und Verletzte auf beiden Seiten. Die Zahl der von Palästinensern genutzten Häuser, die auf Anweisung der israelischen Behörden abgerissen werden, ist rapide angestiegen.
Die ständigen Kontrollen und Schikanen bedeuten eine enorme psychische Belastung für die Palästinenser. Besonders im Westjordanland stehen die Menschen durch die Nähe zu den Siedlern unter permanenter Anspannung und sind nicht selten Schlägen, Beleidigungen, Steinwürfen oder gar Schüssen ausgesetzt. Auch Schulkinder sind immer wieder Ziel von Angriffen radikaler Siedler.
Die aus den extremen Lebensumständen in den Palästinensischen Gebieten resultierenden seelischen Erkrankungen werden jedoch nur selten behandelt. Es gibt nur wenige Einrichtungen, an die sich Betroffene wenden könnten, und das medizinische Personal ist oft nicht ausreichend ausgebildet, um die Symptome zu erkennen.
Psychische Probleme sind für vielen Palästinenser mit einem Stigma behaftet
Auch die Erkrankten selbst kommen oft nicht auf die Idee, wegen dieser Art von Leiden zum Arzt zu gehen, unter anderem weil psychische Probleme für vielen Palästinenser mit einem Stigma behaftet sind.
Unsere Hilfe
Im Gazastreifen helfen wir vor allem dabei, das Gesundheitssystem auf mögliche Notfälle vorzubereiten. Dabei konzentrieren wir uns aktuell darauf, die in sechs Krankenhäusern eingerichteten Notfallstationen zu stärken.
Außerdem führen wir regelmäßig Simulationen des Ernstfalls durch, um sicherzustellen, dass schnell und effizient darauf reagiert werden kann. Zudem konnten wir in einem Krankenhaus erreichen, dass psychosoziale Beratung als Teil der Notfallbehandlung angeboten wird – keine Selbstverständlichkeit , denn in der palästinensischen Gesellschaft ist mentale Gesundheit bei vielen ein Tabuthema.
Wir klären darüber auf, wie traumatische Erfahrungen sich auf die seelische Gesundheit auswirken können.
Daneben bilden wir besonders gefährdete Gruppen darin aus, im Notfall erste Hilfe zu leisten. Dazu gehören neben Frauen und Farmern auch Fischer. Sie dürfen nur in einem engen, abgeriegelten Bereich vor der Küste ihrer Arbeit nachgehen und es kommt regelmäßig zu Zwischenfällen, bei denen Fischer durch die Waffen der patrouillierenden israelischen Marinesoldaten verletzt oder getötet werden.
Gemeinsam mit der palästinensischen NGO „The Culture and Free Thought Association“ bieten wir vor allem Frauen und Kinder psychosoziale Unterstützung an.
Im Westjordanland liegt unser Schwerpunkt auf der psychosozialen Erstversorgung für Gewaltopfer. Unsere sechs Psychologen und Sozialarbeiter suchen zum Beispiel Familien auf, deren Haus abgerissen wurde oder die durch Steinwürfe radikaler Siedler oder Schüsse israelischer Sicherheitskräfte verletzt worden sind. Im Gespräch versuchen sie herauszufinden, wer welche Art von Hilfe benötigt und verweisen die Person an Selbsthilfegruppen oder andere Stellen, wo sie weiter psychologisch versorgt werden. Daneben klären sie gefährdete Personen schon vor einem möglichen Vorfall darüber auf, wie traumatische Erfahrungen dieser Art sich auf ihre seelische Gesundheit und die ihrer Kinder auswirken können und wo sie Hilfe finden.
Während des israelischen Militäreinsatzes im Sommer 2014 war Ärzte der Welt auch vor Ort und versorgte die Bevölkerung mit Notfallsets, Medikamenten und Hygieneartikeln. Da viele Gesundheitszentren zerstört worden waren, haben wir so schnell wie möglich mobile Kliniken eingerichtet. Die Opfer konnten zudem psychologische Hilfe am Telefon erhalten, um akute seelische Not zu lindern.
Was wir 2018 erreicht haben
Westjordanland:
1.502 Gewaltopfer wurden aufgesucht, 400 von ihnen erhielten psychologische Erste Hilfe,
364 Personen besuchten Selbsthilfegruppen. Diese haben das Ziel, die Resilienz der Gemeinden zu stärken.
Gazastreifen
8.941 Personen erhielten postoperative Nachsorge.
185 Krankenhausmitarbeiter*innen wurden in Triage ausgebildet.
12.344 Personen nahmen die psychologischen Angebote unseres lokalen Partners in Anspruch.