Anna, seit etwa einem halben Jahr bist Du bei Ärzte der Welt. Wie beschreibst Du Deine Aufgabe?
Ich bin Referentin für internationale Programme und hierbei für Netzwerkprojekte zuständig. Netzwerkprojekte sind Projekte, die wir in Zusammenarbeit mit anderen Ärzte der Welt-Sektionen durchführen. Wir arbeiten als internationales Netzwerk zusammen, um weltweit Leute zu erreichen, die in Not sind und medizinische Hilfe brauchen.
Du hast Security Studies studiert und Dich intensiv mit Themen wie Internationale Entwicklung beschäftigt. Wie ging es nach dem Studium und den Praktika im Non-Profit-Bereich für Dich weiter?
Ich war in verschiedenen Bereichen der NGO-Welt unterwegs: Zuerst habe ich in Prag bei einer Nicht-Regierungs-Organisation im Bildungsbereich gearbeitet. Danach war ich für ein Jahr im UN Development Programme in Sambia tätig. Hier ging es um ein Programm für Menschenrechte und die Einbindung lokaler NGOs in die internationalen Kontroll- und Prüfmechanismen. Das war sehr spannend. Was mich immer wieder aufs Neue inspiriert und beeindruckt, sind die Menschen in kleinen Nichtregierungsorganisationen und wie engagiert sie sind und sich unermüdlich und selbstlos für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen.
In der Corona-Zeit arbeitete ich bei einer internationalen NGO in Prag, was mir sehr gut gefallen hat. Wir waren dort ein kleines Büro innerhalb eines internationalen Netzwerks mit Menschen, die denselben Enthusiasmus teilen.
Nach München bin ich schließlich über meinen Partner gekommen. Auch hier bei Ärzte der Welt habe ich diese schöne Mischung aus einer verhältnismäßig kleinen Geschäftsstelle und einem großen Netzwerk, innerhalb dessen man viel bewirken kann. Für mich ist es sehr wichtig, mit gleichgesinnten Menschen zusammenzuarbeiten, die alle das Ziel haben, etwas zum Positiven verändern zu wollen.
Im internationalen Umfeld arbeitest Du mit sehr unterschiedlichen Kulturen und Herangehensweisen zusammen. Ist das für Dich eine Herausforderung?
Ich mag die Vielfalt, sie inspiriert mich. Natürlich ist es manchmal etwas fordernd, aber mir macht das Spaß und ich kann mit unterschiedlichen Mentalitäten und kulturellen Settings gut umgehen. Es motiviert mich immer zu reflektieren und mich ständig in neue Zusammenhänge hineinzudenken. Ich kann so vieles von den einzelnen Ansprechpartner*innen lernen, auch darüber, wie dasselbe in unterschiedlichen Kontexten umgesetzt wird.
Du betreust unter anderem unser Projekt in den palästinensischen Gebieten. Wie gehst Du mit den Entwicklungen der letzten Zeit um?
Es geht mir persönlich sehr nahe. Noch im September 2023 war ich im Westjordanland und auch in Gaza und habe dort unsere Arbeit und unsere Kolleginnen und Kollegen viel besser und auch auf einer persönlichen Ebene kennen gelernt. Der Gazastreifen ist sehr klein und wir sind von Nord nach Süd durchgefahren. Wenn ich nun vergleiche, wie die Orte noch vor ein paar Monaten ausgesehen haben und wie es jetzt dort aussieht, ist das sehr krass. Ich muss lernen, damit umzugehen. Es geht für mich um eine Balance aus Empathie, dem Willen, nicht aufzugeben, nicht aufzuhören sich zu äußern und sich und andere zu mobilisieren - und gleichzeitig etwas emotionalen Abstand zu schaffen, um die persönlichen Ressourcen erhalten zu können.