„Ich habe geschlafen, als das Beben um 4.17 Uhr morgens losging. Mein Mann hat mich geweckt und gesagt: „Es gibt ein Erdbeben, bete zu Gott, dass er uns verschont". Zuerst war es ruhig, aber es wurde immer heftiger. Ich nahm meine kleine Tochter auf den Arm, und wir warteten auf das Ende des Bebens. Als es vorbei war, gingen wir nach draußen. Es regnete stark. Wir warteten bis zum Morgen, völlig durchnässt.
Mein Schwager und mein Mann haben uns einen Unterschlupf aus Holz und Plastiktüten gebaut. Bis der fertig war, haben wir sechs Tage lang draußen auf der Straße gelebt. Hier haben wir gegessen, geschlafen, sind wir aufgewacht...
Am Tag nach dem Erdbeben erfuhr ich, dass meine Tochter, ihr Mann und ihre Tochter gestorben waren. Sie war erst 29 Jahre alt.
Niemand ist gekommen, um uns zu helfen, wir mussten allein zurechtkommen. Wenn Sie von Ärzte der Welt nicht regelmäßig gekommen wären, um nach uns zu sehen und uns zu versorgen, wären wir wahrscheinlich alle tot. Möge Gott Sie bewahren und Ihnen das ersparen, was wir durchgemacht haben, vor allem den Schmerz, den wir ertragen mussten. Niemand verdient es, das durchzumachen, was wir erleben mussten. Warum ist das mit uns geschehen?
Wir wissen, dass wir unser Leben riskieren, wenn wir hier leben, direkt unter diesem Gebäude, unserem ehemaligen Haus. Aber nach allem, was wir durchgemacht haben, fürchten wir den Tod nicht mehr. Ich habe viel geweint, als meine Tochter starb. Aber wenigstens ruht sie jetzt in Frieden.
Wir leben noch, Gott sei Dank, aber meine Familie unter solchen Bedingungen leben zu sehen, ist schlimmer als der Tod, glauben Sie mir.
Ich danke Ihnen für die Unterstützung, die Sie uns geben. So fühlen wir uns wenigstens wie Menschen, nicht wie Tiere."
Hintergrund
Ärzte der Welt ist bereits seit Jahren in der Türkei und im Norden Syriens tätig. Somit waren die Helfer*innen schnell vor Ort, nachdem in der Region Tausende Menschen durch die Erdbeben obdachlos oder verletzt wurden oder getötet worden sind. Seitdem unterstützt Ärzte der Welt mehr als 5.000 von der Katastrophe betroffene Menschen in der Türkei und Syrien.
In der Türkei fahren unsere mobilen medizinischen Teams in schwer zugängliche Gebiete. Sie versorgen Betroffene medizinisch und psychologisch und verteilen Hygienepakete und warme Kleidung. Unsere Ärzt*innen-Teams haben Patient*innen mit Verletzungen, Influenza, Erkältungskrankheiten, Magen-Darm-Erkrankungen und Hautproblemen behandelt.
Psychologische Hilfe ist von entscheidender Bedeutung: Die Menschen stehen unter Schock. In Gesprächen können sie ihre Gefühle ausdrücken und zusammen mit den Psycholog*innen ihre Erlebnisse verarbeiten. „Ihre Gefühle auszudrücken hilft den Patient*innen, das Auftreten von längerfristigen psychologischen Beschwerden zu vermeiden“, sagt Alsi Göknur Soysal, Notfallkoordinatorin in Antakya.
Wichtig ist auch die Sicherheit von besonders verletzlichen Personen. Malwerkstätten für Kinder sind ein wichtiger Schutzraum, der Kinder vor Gewalt, auch sexueller Gewalterfahrung, bewahrt. Hier können sich Kinder ausdrücken und austauschen und an einem sicheren Ort ihre Zeit in Gemeinschaft mit anderen Kindern verbringen.
Allein in Hatay in der Türkei konnten wir bisher mehr als
- 3.700 Menschen medizinisch versorgen,
- mehr als 375 Betroffene psychologisch betreuen,
- 1.400 Medikamenten-Pakete,
- 400 Hygiene-Kits und
- 200 Winterkits mit warmer Kleidung, Decken und anderen Hilfsgütern verteilen
Ausführliche Informationen finden Sie hier unseren englischen Tätigkeitsbericht aus dem Erdbebengebiet: