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Nur auf dem Landweg können genügen Hilfsgüter in den Gazastreifen gebracht werden. Foto: Ärzte der Welt

Gaza: Hilfe über Land ermöglichen!

 

Hilfslieferungen über Luftbrücken und Seerouten sind keine Alternative. 25 Nichtregierungsorganisationen fordern die internationale Gemeinschaft auf, dem Waffenstillstand und der humanitären Hilfe auf dem Landweg Priorität einzuräumen, da die Zahl der Todesfälle durch Unterernährung und Krankheiten im Gazastreifen steigt.

Der einzige Weg, dem humanitären Bedarf im Gazastreifen gerecht zu werden, ist ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand sowie ein vollständiger, sicherer und ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe über alle Landübergänge. Darauf haben Menschenrechts- und humanitäre Organisationen, die im Gazastreifen arbeiten, seit Beginn der Eskalation immer wieder hingewiesen.

Staaten können sich nicht hinter Luftabwürfen von Hilfsgütern und Bemühungen um die Öffnung eines Seekorridors verstecken, um so vorzugeben, sie würden den Bedürfnissen der Menschen in Gaza ausreichend Rechnung tragen. Ihre Hauptverantwortung besteht vielmehr darin, Gräueltaten zu verhindern und wirksamen politischen Druck auszuüben, um die andauernden Bombardierungen und die Einschränkungen zu beenden, die eine sichere Lieferung humanitärer Hilfe verhindern.

UN warnt vor Hungersnot

Seit Monaten leidet jede*r Einzelne im Gazastreifen an Hunger. Das ist der größte Anteil einer Bevölkerung, der jemals von der Integrated Food Security and Nutrition Phase Classification (IPC) erfasst wurde. Familien trinken seit Monaten unsauberes Wasser und haben tagelang nichts zu essen. Das Gesundheitssystem ist völlig zusammengebrochen und das ausgerechnet dort, wo Menschen durch Epidemien erkranken und durch Bombardierungen schwer verletzt werden. Mindestens 20 Kinder sind kürzlich an Unterernährung, Dehydrierung und damit verbundenen Krankheiten gestorben. Da sich die Ernährungs-, Wasser- und Gesundheitssituation von Tag zu Tag verschlechtert, ist mit weiteren Todesfällen durch Hunger und Krankheiten zu rechnen, wenn die israelischen Behörden den Zugang für humanitäre Hilfe weiterhin behindern. Die UNO hat vor einer drohenden Hungersnot gewarnt.

Abwürfe aus der Luft sind keine Alternative

Zwar haben Staaten in letzter Zeit verstärkt Hilfsgüter über dem Gazastreifen abgeworfen, doch Expert*innen für humanitäre Hilfe betonen, dass diese Art der Hilfe allein bei weitem nicht ausreicht, um den massiven Bedarf zu decken. 2,3 Millionen Menschen, die sich in einer katastrophalen Überlebenssituation befinden, können nicht durch Abwürfe aus der Luft ernährt und versorgt werden.

Flugzeuge können nicht die Mengen an Hilfsgütern liefern, wie es zeitgleich auf dem Landweg möglich ist. Während ein Konvoi von fünf Lastwagen etwa 100 Tonnen lebensrettende Güter transportieren kann, wurden bei den letzten Abwürfen jeweils nur wenige Tonnen ins Land gebracht.

Luftabwürfe können auch lebensgefährlich für die hilfesuchenden Zivilbevölkerung sein. Es gibt bereits Berichte über mindestens fünf Menschen, die in Gaza durch frei fallende Hilfspakete getötet wurden.

Humanitäre Hilfe kann nicht improvisiert werden: Sie muss von professionellen Teams mit dem nötigen Fachwissen geleistet werden, um deren Verteilung zu organisieren und lebensrettende Soforthilfe zu leisten. Ebenso wichtig ist der menschliche Kontakt, nicht nur, um die Bedürfnisse der Betroffenen richtig einzuschätzen, sondern auch, um einer bereits traumatisierten und verzweifelten Bevölkerung Hoffnung und Würde zurückzugeben.

Nach fünf Monaten ständiger Bombardierungen und unmenschlicher Bedingungen haben die Kinder, Frauen und Männer im Gazastreifen ein Recht auf mehr als spärliche Almosen, die vom Himmel fallen. Während jede humanitäre Hilfe, die den Gazastreifen erreicht, willkommen ist, sollte der Transport auf dem Luft- oder Seeweg nur als Ergänzung betrachtet werden. Humanitäre Hilfe über den Landweg kann keinesfalls ersetzt werden.

Drittstaaten müssen Waffenlieferungen einstellen

Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass einige der Staaten, die in letzter Zeit Luftbrücken organisiert haben, auch Waffen an die israelischen Behörden liefern, wie die USA, Großbritannien und Frankreich. Diese Staaten dürfen die Hilfsmaßnahmen nicht dazu nutzen, um sich so ihrer internationalen Verantwortung und ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen zu entziehen – das betrifft auch die Verhinderung von Gräueltaten. „Auch Deutschland beteiligt sich an den Hilfslieferungen aus der Luft und sendet gleichzeitig Waffen an Israel. Das sind widersprüchliche Signale, die ernsthafte Friedensbemühungen gefährden“, so François De Keersmaeker, Direktor von Ärzte der Welt.

Damit diese Staaten ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommen können, müssen sie alle Waffentransfers einstellen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie für völkerrechtswidrige Verbrechen eingesetzt werden. Außerdem müssen sie wirksame Maßnahmen ergreifen, um einen sofortigen Waffenstillstand und uneingeschränkten humanitären Zugang, sowie eine Rechenschaftspflicht für Täter zu ermöglichen.

Seekorridor sichert keine baldige Versorgung

Drittstaaten haben vor kurzem Bemühungen angekündigt, einen Seekorridor von Zypern aus zu eröffnen und einen schwimmenden Hafen vor der Küste des Gazastreifens einzurichten. Dieser würde erst in einigen Wochen voll funktionsfähig sein. Die Familien hungern und können nicht darauf warten, bis die Infrastruktur an Land und auf See fertiggestellt ist. Um ihr Leben zu retten, müssen humanitäre Hilfstransporte mit Nahrungsmitteln und Medikamenten, denen derzeit auf dem Landweg die Einreise in den Gazastreifen verweigert wird, sofort durchgelassen werden.

Darüber hinaus werden die Lieferungen von diesem Kai zu den Verteilungspunkten im Gazastreifen unter den gleichen Schwierigkeiten leiden, mit denen die Hilfskonvois derzeit von Rafah aus konfrontiert sind: anhaltende Unsicherheit, zahlreiche Zurückweisungen durch israelische Streitkräfte und lange Wartezeiten an israelischen Kontrollpunkten. Die Einrichtung eines Hafens wird daher die katastrophale humanitäre Lage nicht wesentlich verbessern,  wenn sie nicht mit einem sofortigen Waffenstillstand und einem uneingeschränkten und ungehinderten Zugang zu allen Gebieten des Gazastreifens einhergeht.

Hilfslieferungen in den Gazastreifen dürfen nicht instrumentalisiert werden

Bisher ist nicht transparent, welche Organisation für die Infrastruktur und die Sicherheit der Hilfslieferungen an Land verantwortlich sein wird. Die Staaten müssen sicherstellen, dass der Seekorridor nicht dazu benutzt wird, eine längere militärische Besetzung des Streifens durch Israel zu legitimieren, indem die Notwendigkeit von Hilfslieferungen instrumentalisiert wird.

Wir erkennen an, dass in dieser Notsituation jede Hilfe notwendig ist, warnen aber vor den potenziell verheerenden Folgen gefährlicher Präzedenzfälle, die den humanitären Zugang auf dem Landweg verschlechtern und die Feindseligkeiten verlängern könnten.

Ungehinderter Zugang für humanitäre Hilfe in Gaza sofort ermöglichen

Die angemessene humanitäre Reaktion wäre es, den ungehinderten Zugang für Hilfslieferungen und professionelle humanitäre Helfende zu ermöglichen. Diese stehen seit Monaten auf der ägyptischen Seite der Grenze bereit. Bisher lag es allein im Ermessen der israelischen Behörden, ob 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen Lebensmittel, medizinische Versorgung und ein Dach über dem Kopf erhalten. Diese Situation ist inakzeptabel. Die humanitären Organisationen verfügen über die logistischen Kapazitäten, um die Palästinenser*innen in Gaza zu versorgen. Was fehlt, ist allein der politische Wille der staatlichen Akteure, den Zugang durchzusetzen.

Dauerhafter Waffenstillstand jetzt!

Die humanitären Organisationen erwarten von Drittstaaten, dass sie den Druck erhöhen, um einen sofortigen Waffenstillstand zu erreichen und die israelischen Behörden dazu zu bewegen, ihre vorsätzliche Blockade lebenswichtiger Hilfslieferungen in allen Teilen des Gazastreifens zu beenden. Dazu müssen die Grenzübergänge Rafah, Kerem Shalom / Karam Abu Salem, Erez / Beit Hanoun und Karni vollständig geöffnet und alle Restriktionen aufgehoben werden.

Ein sofortiger und dauerhafter Waffenstillstand ist die zentrale Voraussetzung dafür, dass die humanitäre Hilfe, die notwendig ist, um das Leid von 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen zu lindern, massiv aufgestockt werden kann.

 

Unterzeichnende Organisationen:

Action Aid International

Ärzte der Welt / Médecins du Monde 

American Friends Service Committee

Amnesty International

Association of Italian NGOs

CCFD-Terre Solidaire

CISS - Cooperazione Internazionale Sud Sud

DanChurch Aid

Danish House in Palestine

Danish Refugee Council

HelpAge International

Humanity & Inclusion - Handicap International

IM Swedish Development Partner

International Federation for Human Rights INTERSOS

Medical Aid for Palestinians

Mennonite Central Committee

Médecins Sans Frontières France / Doctors Without Borders France

Oxfam

Plan International

Première Urgence Internationale

Secours Islamique France

Terre des Hommes Italy

War Child Alliance

Welfare Association

 

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