Sehr geehrte Damen und Herren,
aus der Ukraine erreichen uns täglich neue Berichte über zivile Todesopfer, sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen und immer höhere humanitäre Bedarfe. Als humanitäre Organisationen sind wir von diesen Berichten schockiert und zutiefst beunruhigt.
Angriffe auf zivile Objekte wie Krankenhäuser, Schulen und Wohngebäude sowie die Blockade von sicheren Fluchtwegen und humanitäre Hilfe verletzten das internationale humanitäre Völkerrecht (IHL).
Daher fordern wir zusätzlich zu unserer Erklärung vom 4. März 2022:
- Ein sofortiges Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen und der Angriffe auf die Zivilbevölkerung, zivile Objekte bzw. Infrastruktur;
- Alle Konfliktparteien müssen sich an internationales humanitäres Völkerrecht halten. Zu keinem Zeitpunkt dürfen Kampfhandlungen die Rechte, das Wohlergehen und die Sicherheit der Zivilbevölkerung gefährden;
- Sicherer und ungehinderter humanitärer Zugang (auch über die Frontverläufe hinweg) muss gewährleistet werden, damit alle hilfsbedürftigen Menschen erreicht werden. Die Unabhängigkeit und Neutralität humanitärer Mitarbeitenden und Freiwilligen muss respektiert werden;
- Alle Kinder stehen unter dem Schutz der Kinderrechtskonvention. Als besonders Schutzbedürftige müssen ihre Interessen unter IHL gewahrt werden (Protokoll I, Artikel 77);
- Alle Konfliktparteien müssen ihre Verpflichtungen im Rahmen der Resolution des VN-Sicherheitsrates zu Kindern und bewaffneten Konflikten einhalten und verhindern, dass Mädchen, Jungen und Heranwachsende zu Opfern von Tötung, Verstümmelung, Rekrutierung oder sexueller Gewalt und Ausbeutung werden;
- Alle Konfliktparteien müssen das Prinzip der Unterscheidung und die Erklärung zu sicheren Schulen respektieren (Safe Schools Declaration, 2015), um den Schutz von Kindern, ihren Einrichtungen und ihren Betreuer*innen zu gewährleisten;
- Der VN-Sicherheitsrat muss sein Mandat aufrechterhalten, um den Schutz der Zivilbevölkerung sicherzustellen und Frieden und Sicherheit zu wahren (VNSR R2417);
- Eine politische Lösung zum Schutz der Zivilbevölkerung in umkämpften Gebieten muss gefunden werden. Allen Zivilist*innen, die diese Gebiete verlassen möchten, müssen sichere Fluchtwege geboten werden und sie müssen den Zielort im Rahmen der vierten Genfer Konvention selbst bestimmen dürfen;
- Für die Implementierung und Überwachung humanitärer Korridore ist die uneingeschränkte Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und dem Roten Kreuz nötig, damit humanitäre Güter und Konvois, Zivilpersonen und humanitäre Helfende sicher passieren können;
- Alle Länder müssen Menschen, die aus der Ukraine fliehen, gleichermaßen und ohne Diskriminierung aufnehmen, unabhängig von Nationalität, sexueller Orientierung, Geschlecht, Herkunftsland, religiösem Hintergrund oder Ethnie;
- Alle finanziellen Mittel zur Unterstützung der Menschen, die vom Ukraine-Konflikt betroffen sind, müssen zusätzlich zu bisherigen Mitteln gegeben werden und dürfen nicht von unterfinanzierten humanitären Krisen umgeleitet werden. Die Mittel müssen flexibel sein oder durch neue Finanzierungsinstrumente für lokale Akteure angepasst werden.
Wir hoffen, dass Sie die Stellungnahme bei Ihrer Arbeit und weiterem Vorgehen zur Bewältigung der Krise in der Ukraine berücksichtigen werden. Für etwaige Rückmeldungen und Fragen stehen wir gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Aktion gegen den Hunger
Ärzte der Welt e.V.
Caritas Deutschland e.V.
Handicap International e.V.
HelpAge Deutschland
NRC Flüchtlingshilfe Deutschland
Plan International Deutschland e.V.
Save the Children Deutschland e.V.
Welthungerhilfe