Wenn ihr auf 2017 zurückblickt – was war in eurem Arbeitsbereich von besonderer Bedeutung?
Martina Enax: In der Abteilung Internationale Programme haben wir 2017 wichtige Weichen gestellt. Ärzte der Welt Deutschland führt seit 2012 ein eigenes Projekt im westafrikanischen Togo durch, mit dem wir die Ausbildung von Hebammen unterstützen. Im vergangenen Jahr hat sich bei der deutschen Sektion von Ärzte der Welt die positive Entwicklung fortgesetzt, so dass wir unser Projekt noch besser ausstatten und weiter professionalisieren konnten. Dazu gehörte auch, eine Mitarbeiterin einzustellen. Eine Hebamme aus der Elfenbeinküste koordiniert jetzt die Aktivitäten vor Ort.
Normalerweise plant und steuert Médecins du Monde, die Mutter-Organisation in Frankreich, die Auslands-Projekte.
Martina Enax: Ja, aber mittlerweile sind wir als deutsche Sektion so groß geworden, dass wir ergänzend zu den Projekten des Netzwerks auch solche in Eigenregie durchführen können.
Peter Schwick: Netzwerk ist für mich ein wichtiges Stichwort. Die Organisationen innerhalb des Netzwerks arbeiten immer besser zusammen, der Erfahrungsaustausch in den Arbeitsgruppen wird immer intensiver. Eine Plattform dafür war mal wieder der Humanitäre Kongress in Berlin – perfekt organisiert und inhaltlich noch breiter aufgestellt als in den Jahren zuvor.
Damien, du arbeitest in der Abteilung Medien und Kommunikation. Was waren 2017 deine Meilensteine?
Damien Przybylski: Die neue Webseite, auf die haben wir lange hingearbeitet. Und die Kampagne „Targets of the World“. Sie hat darauf aufmerksam gemacht, dass in Kriegsgebieten immer wieder Ärzte und Pflegekräfte zur Zielscheibe von Angriffen werden. Das ganze Netzwerk hat die Kampagne getragen, unser Appell an die Vereinten Nationen konnte so weltweit verbreitet werden.
Mit zehn Berufsjahren gehörst du zu den Dienstältesten bei Ärzte der Welt. Wie hast du die Zeit seit 2008 erlebt?
Damien Przybylski: Angefangen hat alles mit dem Projekt „Aktion Lächeln“ in Kambodscha. Im Laufe der Zeit sind andere Länder und neue inhaltliche Schwerpunkte hinzugekommen. Damals waren wir zu siebt in der Geschäftsstelle, heute sind wir über 30. Wir sind größer geworden, weil auch der Hilfsbedarf gestiegen ist. Unsere Arbeit wird einfach gebraucht.
Mio, auch in deinem Arbeitsbereich, in einem der Inlandsprojekte von Ärzte der Welt, ist der Bedarf an Unterstützung gestiegen.
Mio Mahn: Ja, seit 2017 setzen wir im Münchner Projekt open.med, in dem Menschen ohne Krankenversicherung versorgt werden, zusätzlich einen Behandlungsbus ein. Durch diese niederschwellige und aufsuchende Arbeitsweise können wir noch mehr Betroffene erreichen. Und immer mehr Menschen brauchen unsere Hilfe – die Zahlen haben sich 2017 im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt.
Ein größeres Finanzvolumen, mehr Projekte, steigende Mitarbeiterzahlen. Peter, du bist Mitglied des ehrenamtlichen Vorstands und stellvertretender Vereinsvorsitzender. Wie steuert der Vorstand dieses Wachstum?
Peter Schwick: Der geschäftsführende Vorstand trifft sich monatlich. Der gesamte Vorstand, in dem unter anderem Mediziner, eine Juristin und ein Psychologe vertreten sind, kommt drei bis vier Mal im Jahr zusammen. Der Direktor von Ärzte der Welt ist bei jeder Sitzung dabei, je nach Bedarf auch eine Bereichsleiterin oder ein Bereichsleiter. Hinsichtlich der weiteren Entwicklung sind wir uns der Gratwanderung bewusst zwischen gebotener Vorsicht und Risikobereitschaft. Unser Ziel ist ein solides Wachstum, das die Projekte und Arbeitsplätze langfristig sichert. Besonders unser Schatzmeister hat das immer im Blick.
Zum Jahresbericht gehört auch der Ausblick. Welche Planungen stehen an?
Martina Enax: Wir wollen als deutsche Sektion mehr eigene Projekte auf die Beine stellen. Ohne unsere Partner – das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, und ohne Sternstunden, die Benefizaktion des Bayerischen Rundfunks – wäre das nicht möglich. Diese Kooperationen werden wir fortsetzen und, wenn möglich, weiter ausbauen.
Damien Przybylski: Noch mehr öffentlichkeitswirksame Kampagnen auf Netzwerkebene. Zusammen sind wir stärker und können auf internationaler Ebene die Probleme benennen, für die es aus unserer Sicht Lösungen braucht.
Mio Mahn: Wir möchten unsere Patienten dazu befähigen, noch besser mit ihren Krankheiten umgehen zu lernen. Und wir werden durch Netzwerk- und Öffentlichkeitsarbeit verstärkt auf die Probleme von Menschen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz aufmerksam machen.
Peter Schwick: Ich werde mich dafür einsetzen, dass Ärzte der Welt weiter solide wachsen kann – im Sinne der Menschen, die unsere Unterstützung brauchen.