Shames berichtet: „Mein Mann und ich wurden von Mitgliedern des IS gefangen genommen, nachdem sie unser Dorf in der Region Sinjar im Nordirak gestürmt hatten. Glücklicherweise hatte ihr Auto später eine Panne und wir konnten die Gelegenheit nutzen, um wegzulaufen, während sie das Auto reparierten. Unsere Kinder hatten fliehen können, bevor der IS unser Dorf eingenommen hatte. Heute leben die meisten von ihnen in Deutschland und ich hoffe, dass wir bald zu ihnen können. Unser Dorf ist vollkommen zerstört. Unser Haus liegt wie viele andere in Trümmern.“
Auf die Nachfrage, ob sie nach Hause zurückkehren wolle, antwortet Shames: „Natürlich möchte ich eines Tages in mein Dorf zurückkehren, aber unter der Bedingung, dass keine Gefahr mehr herrscht, dass unser Haus wieder aufgebaut wird und wir eine Entschädigung erhalten, die uns hilft, neu anzufangen. Im Moment sind diese Bedingungen jedoch noch lange nicht erfüllt.“
Wie können wir die Gräueltaten vergessen, die wir durchgemacht haben?
Im Chamesku-Camp lebt Shames in einem Zelt in der Nähe ihrer ehemaligen Nachbarn. Wenn sie sich treffen, sprechen sie oft über die Schrecken, die sie miterleben mussten. Einerseits hilft ihnen dieser Austausch, Trost und die Kraft für die Zukunft zu finden. Andererseits werden sie durch diese täglichen Wiedersehen auch unweigerlich an das Leben erinnert, das sie einst hatten und daran, dass ihnen nur Bruchstücke davon geblieben sind.
„Wir können nicht nach Hause gehen, einfach, weil wir nichts mehr haben", fügt Shirin hinzu. „Meine Familie und ich sind einen Tag, bevor der IS unser Dorf erreichte, geflohen. Wir mussten zehn Tage in den Bergen bleiben, ohne Essen. Mein Mann musste meinen Sohn den ganzen Weg tragen, weil er eine Behinderung hat und nicht laufen kann. Es war eine sehr anstrengende Reise und die Dinge, die wir gesehen haben, belasten unsere Psyche sehr. Wir haben viele tote Kinder gesehen, die von ihren Müttern zurückgelassen werden mussten. Wir werden nie vergessen, was uns und so vielen anderen passiert ist. Heute leben wir in diesem Lager, aber unsere Lebensbedingungen sind sehr hart. Tagsüber haben wir nur zwei Stunden Strom, von 12 bis 14 Uhr, und dann fünf Stunden am Abend. Im Sommer ist es hier sehr heiß, im Juni, Juli und August können die Temperaturen 40 Grad erreichen.“
So helfen wir:
Im Irak bietet Ärzte der Welt den Flüchtlingen und der ansässigen Bevölkerung medizinische Grundversorgung und psychologische Betreuung an, vor allem für die am stärksten gefährdeten Personen wie Kinder, Frauen und Opfer von Gewalt.
Im Gouvernement Dohuk unterstützt Ärzte der Welt die Basisgesundheitsversorgung in Chamesku, das mit 27.000 Menschen das größte Flüchtlingslager der Region ist. Im Verwaltungsbezirk Ninewa werden vier Basisgesundheitszentren die beiden mobilen Kliniken ablösen. Im Gouvernement Kirkuk betreibt Ärzte der Welt mobile Kliniken und Basisgesundheitszentren in einem Camp und plant, ein weiteres Basisgesundheitszentrum im Hawija Distrikt mit Medikamenten und Trainings zu unterstützen.
Für Frauen und jugendliche Mädchen bieten die Mitarbeiterinnen Beratung im Bereich sexuelle und repoduktive Gesundheit an, unter anderem mit Schwangerschaftsvorsorge und postnataler Betreuung sowie mit Informationen zur Familienplanung.
Patient(inn)en, die unter Traumata leiden, psychische Krankheiten haben oder wegen einer psychologischen Unterstützung anfragen, werden von den Ärzten an die Teams für psychische Gesundheit zur individuellen Beratung oder Gruppensitzung überwiesen, die von jeder mobilen Einheit angeboten werden.
Das Programm von Ärzte der Welt im Irak wird vom Auswärtigen Amt unterstützt.
Dennoch sind wir auf Ihre Spende dringend angewiesen. Helfen auch Sie den Menschen im Irak.