Es sind gleich mehrere Krisen, mit denen die Menschen im Libanon zu kämpfen haben. Durch den Zusammenbruch der Währung im Laufe des Jahres 2020 kam es zu einer enormen Inflation. Medikamente sind knapp, und die Menschen haben selbst zur nötigsten Versorgung kaum Zugang. Dadurch werden immer mehr Libanes*innen, syrische Flüchtlinge und Arbeitsmigrant*innen weiter in die Armut gedrängt. Laut Weltbank lebt fast die Hälfte der 6,8 Millionen Einwohner*innen bereits unter der Armutsgrenze, 22 Prozent sogar in großer Armut. Doch auch die Versorgung der Flüchtlinge, die Behandlung der Beiruter Bevölkerung nach der Explosion und die Eindämmung der Corona-Pandemie stellen enorme Herausforderungen für alle Beteiligten dar.
Was wir tun:
Psychische Gesundheitsversorgung
Ärzte der Welt ist seit 2012 im Libanon aktiv und beteiligt sich daran, Zugang zur psychischer Gesundheitsversorgung und psychosoziale Unterstützung bereitzustellen. Viele der 1,5 Millionen geflüchteten Syrer*innen die im Libanon leben, leiden unter Traumata. Unsere Teams vor Ort versuchen, die psychische und physische Gesundheit dieser Menschen zu stärken. In Zusammenarbeit mit mehreren lokalen und internationalen Organisationen soll das nationale Gesundheitssystem gestärkt und der Zugang zu qualitativ hochwertiger medizinischer Grundversorgung verbessert werden.
Durch die Öffnung und den Betrieb von Gemeindezentren für psychische Gesundheit half Ärzte der Welt bei der Entwicklung von gemeindebasierten psychischen Gesundheitsdiensten. Die Ärzte der Welt-Teams konnten mehr als 16.000 kostenlose Beratungen für Menschen mit psychischen Problemen anbieten und über 300 Aufklärungsveranstaltungen zur psychischen Gesundheit organisieren. Außerdem arbeiten wir an der Integration von psychischer Gesundheit in das Gesundheitssystem. In acht Gesundheitszentren konnten wir die Versorgung der Menschen durch Aufklärungsveranstaltungen, Schulungen und Hospitationen verbessern.
Medizinische Grundversorgung im Bekaa-Tal
Im Jahr 2020 unterstützte Ärzte der Welt weiterhin das Gesundheitszentrum Parish of Al Qaa und die zugehörige Mobile Versorgungseinheit. Durch über 37.000 Konsultationen, einschließlich sexueller und reproduktiver Gesundheitsdienste, konnte wir den Zugang zu medizinischer Grund- und präventiver Gesundheitsversorgung für syrische Flüchtlinge und gefährdete Libanes*innen in der Region Nord-Bekaa verbessern. In Anbetracht von Covid-19 leistete Ärzte der Welt Unterstützung durch Schulungen zur Infektionsprävention und -kontrolle, Verbesserung der Pflege und Integration des nationalen Gesundheitsinformationssystems.
Hilfe nach Explosion
Durch die Explosion in Beirut Anfang August haben zehntausende Menschen ihre Existenz verloren. Ärzte der Welt war unter den ersten Akteuren vor Ort, die auf den enormen Bedarf an psychosozialer Unterstützung reagiert haben. Das Team erreichte die Opfer durch Hausbesuche und Straßenaktivitäten in Karantina, einem der ärmsten und am stärksten beschädigten Viertel, wo sie psychologische Erste Hilfe leisteten. Da durch die Detonation das zentrale Medikamentenlager und das medizinische Versorgungslager schwer beschädigt wurde, schickte Ärzte der Welt Medikamente, Einwegartikel und Instrumente in den Libanon. Damit konnte der Bedarf von 10.000 Menschen für drei Monate gedeckt werden.
Maßnahmen gegen Covid-19
Als Reaktion auf die Covid-19-Pandemie unterstützt Ärzte der Welt die lokalen Partnerorganisationen beim Kauf von persönlicher Schutzausrüstung, wie etwa Masken und Handschuhe. Auf Gemeindeebene, im Gouvernement Bekaa und in Beirut klärten wir über Covid-19-Symptome und Maßnahmen zur Eindämmung auf sowie über die psychologischen Auswirkungen von Covid-19 und Isolation.
Unser Team für psychische Gesundheit hat eine telefonische Unterstützung für Patient*innen der Covid-19-Stationen in Beirut und Tripoli bereitgestellt. Zur Unterstützung der Gesundheitsmitarbeiter*innen, die in dieser Pandemie besonders gefordert wurden, organisierte das Team therapeutische Gruppenaktivitäten.
Ziele 2021
Von Januar 2021 bis 2023 wird Ärzte der Welt drei Gesundheitszentren im Gouvernement Bekaa unterstützen und durch Aus- und Weiterbildung die Fähigkeiten der lokalen Gesundheitsmitarbeiter*innen sowohl für physische als auch für psychische Gesundheit erhöhen. Ziel bei diesem gemeindebasierten Ansatz ist es, die einheimischen Kolleg*innen und Gemeindemitarbeiter*innen miteinzubeziehen und zu qualifizieren und so dauerhafte Versorgungsstrukturen zu schaffen.