Nur bis zu 800 ehemalige Bewohner*innen des Moria Camps sind bisher in dem auf einem Militärgelände errichteten provisorischen neuen Lager untergebracht. Rund 12.000 Männer, Frauen und Kinder haben nach wie vor keinerlei Unterkunft. Die meisten von ihnen schlafen im Freien. Es fehlt an Lebensmitteln, Wasser, Schlafsäcken sowie anderen lebensnotwendigen Dingen und es gibt kaum Schutz vor Übergriffen. Die Stimmung unter den einheimischen Inselbewohner*innen ist aufgeheizt und die Polizei ging mit äußerster Härte gegen protestierende Flüchtlinge vor.
Die griechischen Behörden ermahnen die Menschen, dass es negative Konsequenzen für ihr Asylverfahren haben könnte, wenn sie sich weigern, in das neue Camp einzuziehen. Doch viele wollen trotzdem nicht dorthin. Sie haben offensichtlich Angst, dass die Bedingungen dort genauso elend sind, wie in Moria, und dass sie ohne jegliche Perspektive auf der Insel bleiben müssen, wenn sie in die neue Unterkunft einziehen. Auch die Angst, sich mit dem Coronavirus anzustecken, ist groß: Mehrere Dutzend Flüchtlinge auf Lesbos wurden bereits positiv getestet.
Ärzte der Welt ist mit einer mobilen Einheit vor dem neuen Camp und mit einer weiteren auf dem Gelände im Einsatz. Im Camp bieten die Mitarbeiter*innen medizinische und psychosoziale Versorgung an, davor verteilen sie Schutzausrüstungen gegen Corona und führen Gesundheitschecks für Neuankömmlinge durch. Das Team hart vor kurzem personelle Verstärkung erhalten, eine neue Lieferung dringend benötigter Medikamente wird bald aus Athen eintreffen. Sämtliche Ärzte der Welt-Aktivitäten vor Ort sind eng mit dem UN-Flüchtlingswerk und anderen Hilfsorganisationen und Akteuren abgestimmt.
Doch sämtliche Hilfe ist kein Ersatz für langfristige politische Lösungen. Die Flüchtlinge aus Lesbos müssen so schnell wie möglich aufs Festland gebracht und auf Deutschland und andere EU-Staaten verteilt werden!