Sie kommen allein oder in Gruppen und bepackt mit ihren Habseligkeiten. Mehrere Hundert Menschen suchen Abend für Abend in der Münchner Bayernkaserne Zuflucht vor der eisigen Kälte auf der Straße. Unter ihnen sind Paare, Familien, Gruppen von Freunde. Oft müssen sie sich trennen, bevor sie das Gebäude betreten dürfen. Denn Männer, Frauen und Elternteile mit Kindern sind hier in verschiedenen Häusern untergebracht.
Vor dem Eingang des Männerhauses steht zweimal in der Woche der mobile Behandlungsbus von Ärzte der Welt. Wer krank ist und aus irgendeinem Grund keine reguläre Arztpraxis aufsuchen kann oder möchte, kann sich hier behandeln lassen. Vor dem Bus nehmen Mitarbeiter die Namen der Patienten und ihre Beschwerden auf. Wer zum ersten Mal kommt, wird zunächst zu einem ausführlicheren Gespräch in einen beheizten Container gebeten. Alle anderen werden der Reihe nach in den Bus geschickt, wo sich jeweils ein ehrenamtlicher Arzt oder eine Ärztin unterstützt von einem Medizinstudenten um sie kümmert. Bei Verständigungsschwierigkeiten helfen ehrenamtliche Dolmetscher.
Viele wenden sich mit vergleichsweise leichten Beschwerden, wie Atemwegserkrankungen oder Rückenprobleme an Ärzte der Welt. Doch verschleppte Krankheiten oder Verletzungen können auch lebensbedrohlich werden.
Auch Mütter und Kinder sind auf das Angebot von Ärzte der Welt und dem Kälteschutz angewiesen.
So zum Beispiel im Fall eines 35-jähriger Mannes aus Rumänien, der sich an einem Dezemberabend bei Minusgraden an die Kollegen vor der Bayernkaserne wandte. Zwei Monate habe er ohne Vertrag auf dem Bau geschuftet, bis er krank wurde und ihn sein Arbeitgeber buchstäblich auf die Straße gesetzt habe, erzählt er. Seitdem übernachte er in der Notunterkunft. Er habe stark an Gewicht verloren, fühle sich schwach und habe Fieber. Nach einer kurzen Untersuchung vermutet der Arzt Thomas Kunkel eine Lungenentzündung. Er verschreibt dem Patienten Antibiotika und rät ihm, sich schnellstmöglich wieder in die Ärzte der Welt-Sprechstunde zu melden, um die Krankheit im Auge zu behalten und weitere Untersuchungen durchzuführen. Neben seinen akuten Beschwerden hat der Rumäne Herzprobleme und war in seiner Heimat schon einmal wegen eines Infarkts im Krankenhaus.
Auch Mütter und Kinder sind auf das Angebot von Ärzte der Welt und dem Kälteschutz angewiesen. Darunter eine 28-jährige Bulgarin mit einem zwei Monate alten Baby und einem siebenjährigen behinderten Sohn. Sie wandte sich an Ärzte der Welt, weil die Augen beider Kinder sich offenbar entzündet hatten. Nachdem ihr Mann vor kurzem seine Arbeit bei einer Sicherheitsfirma verloren hatte, war die Familie samt Großmutter obdachlos geworden. Frustriert zeigt die Frau ihre sorgfältig abgehefteten Unterlagen. Offenbar haben bürokratische Hürden und Sprachbarrieren bisher verhindert, dass der Familie Sozialleistungen bewilligt wurden und somit der Zugang zu Gesundheitsversorgung. Auch dabei erhofft die junge Frau sich Hilfe von Ärzte der Welt.
Die Weihnachtstage musste die Familie jedoch in der Kaserne verbringen.
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