Zwei Jahre nach dem Ausbruch der massiven Gewalt in Myanmar beherbergt Bangladesch weiterhin fast eine Million Rohingya-Flüchtlinge. UN-Organisationen und über 130 lokale, nationale und internationale NGOs haben die Regierung von Bangladesch bei der Bereitstellung der lebensnotwendigen Hilfe unterstützt. Die Flüchtlinge benötigen jedoch weit mehr als nur eine Grundversorgung zum Überleben. Sie brauchen ihre Rechte, ihre Sicherheit und ihre Würde. Viele sehnen sich nach einer Rückkehr nach Hause, fürchten dort aber weiter Gewalt und Verfolgung.
Verschlechterung der Lebensbedingungen
Aufgrund von diskriminierender Politik haben die Rohingya im burmesischen Bundesstaat Rakhine weiterhin mit starken Einschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit zu kämpfen. Ebenso ist für sie der Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und Möglichkeiten der Existenzsicherung begrenzt. Etwa 128.000 vertriebene Rohingya und andere muslimische Gemeinschaften leben seit 2012 beengt in Lagern im zentralen Bundesstaat Rakhine und können nicht nach Hause zurückkehren.
Seit April 2017 hat die Regierung von Myanmar erste Schritte zur „Schließung" einiger dieser Lager für Binnenvertriebene unternommen. Neue Strukturen wurden auf oder neben bestehenden Standorten errichtet. Es gab jedoch keine nennenswerten Fortschritte bei der Freizügigkeit und die Menschenrechte der Rohigya können nach wie vor nicht garantiert werden. Um dauerhafte Lösungen zu erreichen, muss die Regierung Myanmars die grundlegende Frage der Gleichberechtigung angehen und sicherstellen, dass alle Gemeinschaften im Bundesstaat Rakhine in Sicherheit leben können, Zugang zu essentiellen Leistungen haben und sich ihren Lebensunterhalt verdienen können.
Die Bedingungen für die Rückkehr der Rohingya-Flüchtlinge nach Myanmar sind zum jetzigen Zeitpunkt nicht günstig. Wie ein aktueller Bericht des Australian Strategic Policy Institute feststellte, waren nicht nur die Vorbereitungen für die Rückkehr verschwindend gering. Die Behörden zerstören auch weiterhin Rohingya-Dörfer, um Platz für Militärbasen und potenzielle Rückführungslager zu schaffen. Die jüngste Zunahme der Gewalt hat die ohnehin schon prekäre humanitäre Situation in Mittel- und Nord-Rakhine nochmals verschärft.
Streben nach Würde
Seit zwei Jahren sind die Rohingya-Flüchtlinge in den Lagern von Cox's Bazar auf humanitäre Hilfe angewiesen. Die gemeinsamen Anstrengungen der internationalen Gemeinschaft unter der Führung der Regierung von Bangladesch haben die Situation in den Lagern verbessert und dazu beigetragen, Ausbrüche von Krankheiten zu verhindern.
Die Lebensbedingungen in den Lagern sind jedoch nach wie vor katastrophal. Geschlechtsspezifische Gewalt und die eingeschränkte Bewegungsfreiheit erhöhen die Risiken gerade für Frauen und Mädchen. Vor allem Menschen mit Behinderungen und schweren gesundheitlichen Problemen haben große Schwierigkeiten, medizinische Hilfe zu bekommen. Schrumpfende Finanzmittel und anhaltende Einschränkungen beim Zugang der Flüchtlinge zu Bildung und Erwerbsmöglichkeiten dürften die Krise weiter verschärfen.
Die Regierung von Bangladesch und die Bewohner der Verwaltungseinheiten Teknaf und Ukhiya in Cox's Bazar waren die ersten Helfer, als die Flüchtlinge im August 2017 in Bangladesch ankamen. Heute tragen rund 500.000 Bangladescher, die in der Nähe der Lager leben, weiterhin die sozioökonomischen und ökologischen Auswirkungen des Zustroms. Die Spannungen zwischen ihnen und den Flüchtlingen nehmen aufgrund der begrenzten Ressourcen zu.
Die internationale Gemeinschaft muss an der Seite Bangladeschs stehen und dabei unterstützen, die Lebensbedingungen zu verbessern und es Flüchtlingen und Aufnahmegemeinschaften zu ermöglichen, in Würde zu leben.
NGOs in Bangladesch und Myanmar fordern alle Beteiligten zu entschlossenem Handeln auf
Als Reaktion auf die gegenwärtige Krise sind wir, die unterzeichnenden nationalen und internationalen Organisationen in Bangladesch und Myanmar, weiterhin entschlossen, Flüchtlingen, Staatenlosen, Binnenvertriebenen und Aufnahmegesellschaften Hilfe zu leisten und ihre Rechte zu schützen, bis geeignete Lösungen für ihre Vertreibung innerhalb und außerhalb Myanmars gefunden sind − einschließlich einer sicheren und freiwilligen Rückführung. Wir fordern alle Beteiligten auf:
- Die Rohingya an Entscheidungsprozessen über ihre Zukunft zu beteiligen: Angesichts der anhaltenden Diskussionen zur Beschleunigung ihrer Rückkehr müssen die Rohingya von den Regierungen Myanmars und Bangladeschs sinnvoll in alle Diskussionen und Entscheidungen über ihre Zukunft (einschließlich ihrer sicheren und freiwilligen Rückkehr) einbezogen werden. Auch Kinder, Jugendliche, Frauen, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen müssen die Möglichkeit haben, sich zu beteiligen.
- Die Menschenrechte der Rohingya in Myanmar zu respektieren: Wir fordern die Regierung Myanmars auf, den Ursachen der Krise im Bundesstaat Rakhine auf den Grund zu gehen, indem sie die Empfehlungen der Beratenden Kommission von Rakhine umsetzt und die notwendigen Bedingungen schafft, um die Vertreibung der Rohingya zu beenden. Dabei gilt es, das Recht jedes Flüchtlings zu respektieren, frei über seine Rückkehr zu entscheiden. Auch müssen die Forderungen der Rohingya nach Gerechtigkeit und Haftung, Bürgerrechten, den Schutz der Zivilbevölkerung, Freizügigkeit sowie Nichtdiskriminierung und einem durchgehenden Zugang für humanitäre Organisationen erfüllt werden. Wir fordern die internationale Gemeinschaft nachdrücklich auf, diese Bemühungen zu unterstützen, indem sie vergangene und anhaltende Gewalt in Myanmar verurteilt. Zudem fordern wir die Regierung von Myanmar auf, die uneingeschränkte Achtung der Menschenrechte zu gewährleisten.
- Den Zugang der Rohingya zu Bildung, Erwerbsmöglichkeiten und Sicherheit zu unterstützen: Wir fordern, auf beiden Seiten der Grenze die Einhaltung der Menschenrechte der Rohingya zu garantieren und den Zugang zu lebensnotwendigen Leistungen zu ermöglichen. Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, den Joint Response Plan 2019 für die humanitäre Krise der Rohingya und den Humanitarian Response Plan 2019 für Myanmar vollständig zu finanzieren, um kontinuierliche und lebensnotwendige Leistungen für Binnenvertriebene, Flüchtlinge und Aufnahmegemeinschaften sicherzustellen.
- Mittel- und langfristige Lösungen zu identifizieren: Wir fordern die internationale Gemeinschaft auf, geeignete Lösungen zu finden, um die Vertreibung der Rohingya innerhalb und außerhalb Myanmars zu beenden. Gleichzeitig muss sie die Regierung von Bangladesch weiterhin unterstützen, die Verpflichtungen des Global Compact on Refugees umzusetzen und einen regionalen Lösungsansatz voranzutreiben, um den Bedürfnissen von Vertriebenen und den Aufnahmegemeinden gerecht zu werden.
Hier finden Sie das Statement in englischer Sprache und die vollständige Liste der Unterzeichner.