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Zwei Schauspieler bei einer medizinischen Aufklärungskampagne, Zentralafrikanische Republik. Foto: Ärzte der Welt

Zentralafrika - Vergessene Krise

 

Seit 2013 ist kein Ende des blutigen Bürgerkriegs in der Zentralafrikanischen Republik abzusehen. Die Vereinten Nationen warnten unlängst vor einem Völkermord. Trotzdem berichten westliche Medien vergleichsweise wenig über die humanitäre Katastrophe in dem Land. Die Ärzte der Welt-Mitarbeiterin Mariam Janssen-Yousaf war dort und hat sich ein Bild von der Lage vor Ort gemacht.

Ein Mann und eine Frau, beide mit einem Mikrofon in der Hand, stehen auf einem Platz im Gobongo-Viertel der zentralafrikanischen Hauptstadt Bangui. Die Frau balanciert einen Wasserkanister auf dem Kopf. Der Mann befiehlt ihr, ihn abzusetzen. Als sie widerstrebend gehorcht, packt er sie am Arm und nimmt sie unter dem lauten Gejohle der Umstehenden in den Schwitzkasten.

Die Szene ist Teil einer Aufklärungskampagne, die Ärzte der Welt gemeinsam mit dem örtlichen Roten Kreuz organisiert hat. Gewalt, besonders gegen Frauen, gehört in der Zentralafrikanischen Republik, die zu zwei Dritteln von bewaffneten Gruppen beherrscht wird, zum Alltag. Sie nimmt oft deutlich drastischere Formen an als in dem kurzen Theaterstück, dessen Ziel es ist, trotz des ernsten Themas, auf unterhaltsame Weise über geschlechtsbezogene Gewalt zu informieren. Zum Beispiel darüber, dass es wichtig ist, sich nach einer Vergewaltigung möglichst bald in einem Gesundheitszentrum zu melden, um eine HIV-Infektion oder eine ungewollte Schwangerschaft zu verhindern. Oder darüber, dass man dort auch juristische und psychologische Hilfe bekommen kann.

„Wir versuchen, den Gedanken zu verankern, dass der psychosoziale Aspekt ein wichtiger Bestandteil gesundheitlicher Basisversorgung ist. Dies gilt vor allem in einem Land, in dem so viele Menschen schreckliche Gewalterfahrungen gemacht haben“, sagt Mariam Janssen-Yousaf, Referentin für internationale Programme bei Ärzte der Welt.

Schwangerschaftsvor- und Nachsorge, Mutter-Kind-Gesundheit und Familienplanung sind weitere Schwerpunkte der sechs Kliniken, die Ärzte der Welt in Bangui und Umgebung unterstützt, denn die Säuglings- und Muttersterblichkeit sowie die Zahl der HIV-Infektionen sind in der Zentralafrikanischen Republik extrem hoch. In zwei Gesundheitszentren hat die Organisation Mutter-Kind-Bereiche eingerichtet, wo Frauen auch entbinden können.
 

Tödliche Anschläge und Entführungen sind an der Tagesordnung

Auch im Bereich Basisgesundheitsversorgung ist die Arbeit von Ärzte der Welt in dem Land, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen ist, unentbehrlich.  Es gibt kaum medizinisches Personal, viele Gesundheitseinrichtungen wurden im Krieg zerstört. Die Einfuhr und der Vertrieb von Medikamenten sind seit dem Bankrott der staatlichen Zentrale für den Import und die Verteilung von Medikamenten völlig unreguliert, weshalb Ärzte der Welt ein eigenes Apothekenlager unterhält. 

Die Hauptstadt Bangui und ihre Umgebung ist im Moment die einzige einigermaßen sichere Gegend in der Zentralafrikanischen Republik. Deshalb leben hier sehr viele Menschen, die vor den Kämpfen zwischen den mehrheitlich muslimischen Rebellen und den christlichen Regierungstruppen beziehungsweise deren Splittergruppen in anderen Landesteilen geflohen sind. Insgesamt gibt es laut UN neben den zahlreichen Menschen, die in anderen Ländern Zuflucht gesucht haben, rund 600.000 intern Vertriebene. Die Flüchtlingslager wurden von der Regierung aufgelöst, die Geflüchteten leben jedoch häufig in improvisierten und beengten Wohnverhältnissen und leiden unter dadurch bedingten Krankheiten, wie Atemwegserkrankungen oder Parasiteninfektionen.

Die Zentralafrikanische Republik gilt als das gefährlichste Land überhaupt für Mitarbeiter humanitärer Organisationen. Tödliche Anschläge und Entführungen sind an der Tagesordnung. Obwohl die Gegenden, in denen Ärzte der Welt tätig ist, relativ stabil sind, sind besondere Sicherheitsvorkehrungen notwendig. Jeden Morgen treffen sich Mitarbeiter des Ärzte der Welt-Teams zu einem sogenannten Security Briefing. Sie tauschen Informationen zu eventuellen Vorfällen im Einsatzgebiet aus und entscheiden, ob alle Kliniken geöffnet beziehungsweise angefahren werden können. Es gibt einen Sicherheitsbeauftragten und Evakuierungspläne für den Fall der Fälle. In Bangui gilt ab 23 Uhr eine Ausgangssperre.

Um Parallelstrukturen zu vermeiden und das Gesundheitssystem nachhaltig zu stärken, kooperiert Ärzte der Welt auch bei diesem Projekt eng mit den lokalen Gesundheitsbehörden. Es wird jedoch noch sehr lange dauern, bis das Land die massiven Herausforderungen allein bewältigen kann.

Ärzte der Welt-Referentin Mariam Janssen-Yousaf ist sich sicher: „Wenn alle internationalen Organisationen und NGOs das Land verlassen würden, würde die Gesundheitsversorgung komplett zusammenbrechen.“

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