„Die Bedingungen in sogenannten Ankerzentren und anderen Sammelunterkünften fördern Gewalt gegen Frauen. Das fängt bereits bei nicht-abschließbaren Zimmern und Waschräumen an. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Barrieren, die Frauen daran hindern, ein selbstbestimmtes, unabhängiges und gesundes Leben zu führen“, sagt die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und ehrenamtliche Mitarbeiterin von Ärzte der Welt Stephanie Hinum. Sie ist vom Münchener Aktionsbündnis für Geflüchtete Frauen als Sachverständige für die Anhörung vorgeschlagen worden.
Als ehemalige Bewohnerin einer Sammelunterkunft wird auch Sarah Namala vom Mirembe-Wohnprojekt für geflüchtete Frauen im Landtag sprechen. „Frauen in Flüchtlingslagern müssen sowohl körperliche als auch emotionale Gewalt ertragen. Ihre bereits verletzten Seelen können so nicht heilen“, sagt Namala. „Gewaltschutz darf nicht von Herkunft oder Aufenthaltsstatus abhängig sein!“
Das Münchener Bündnis fordert, dass geflüchtete Frauen, die von Gewalt bedroht sind und sie häufig bereits erfahren mussten, endlich umfassend geschützt werden. Politische Entscheidungsträger*innen müssen dafür sorgen, dass Gewaltschutzkonzepte und Mindeststandards zum Schutz von geflüchteten Menschen in Unterkünften eingehalten werden. Sozialdienste sowie Sprachmittlung müssen deutlich ausgebaut werden.
Die mangelnden Unterstützungsstrukturen führen auch dazu, dass viele Übergriffe gar nicht erst bekannt werden. Trotzdem ist die Zahl der registrierten Straftaten gegen Frauen und Mädchen in bayerischen Flüchtlingsunterkünften sehr hoch. Laut Staatsregierung waren es 1.434 im Jahr 2019 sowie 1.314 und 971 in den Jahren 2020 und 2021. Die Isolation durch die Coronapandemie hat die Dunkelziffer zusätzlich erhöht.
Dabei hat sich Deutschland in verbindlichen Abkommen wie der Istanbul-Konvention und der EU-Aufnahmerichtlinie verpflichtet, vor allem besonders verletzliche Geflüchtete zu schützen. Die Lebensbedingungen in vielen Unterkünften bleiben weit hinter dieser Verpflichtung zurück. Auch der Kontrollausschuss des Europarats hat etliche Mängel bei der Umsetzung der Istanbul-Konvention identifiziert und entsprechende Empfehlungen gegeben.
Folgende Organisation gehören dem Aktionsbündnis an:
IMMA e.V., Bayerischer Flüchtlingsrat, Frauenhilfe München gGmbH, Ärzte der Welt e.V., JADWIGA, Wildwasser München e.V., Jane Adams Zentrum e.V., FrauenTherapieZentrum-FTZ gGmbH, Helferinnenkreis Koop-Projekt Frauenunterkunft Nailastrasse, Condrobs e.V., Refugio München, FrauenGesundheitsZentrum e.V., Prof. Dr. jur. Susanne Nothaft, Frau und Beruf GmbH, amanda – Projekt für Mädchen* und junge Frauen*, pro familia München e.V., Juno, Beratungsstelle Frauen*notruf München, DONNA MOBILE, SOLWODI München, PARITÄTISCHER Wohlfahrtsverband Landesverband Bayern e.V.
Pressekontakt:
Simone Eiler |Bayerischer Flüchtlingsrat | Tel: 089 – 76 22 34 | Mobil: 0163 – 89 81 285
Stephanie Kirchner |Ärzte der Welt |Tel: 0159 04 06 21 04 | Email: presse@aerztederwelt.org
Mehr Informationen zur Anhörung und finden Sie hier:
Antrag der Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Expertenanhörung
Tagesordnung zur Anhörung am 24.11.22
Mehr Informationen zur Situation in sogenannten Ankerzentren und zur Arbeit von Ärzte der Welt