Es ist das erste Mal in Europa, dass eine medizinische Nicht‐Regierungs‐Organisation als Klägerin auftritt, um den Zugang zu Arzneimitteln für Patienten zu verbessern. Denn das „1000‐Dollar‐Medikament“ Sovaldi mit dem Wirkstoff Sofosbuvir des Herstellers Gilead kann je nach Land zu Behandlungskosten von bis zu 60.000 Euro führen. In Deutschland sind die Krankenkassen mit Milliardenkosten konfrontiert, die Preispolitik des Pharmakonzerns steht europaweit in der Kritik. Der Patentanfechtung haben sich mittlerweile neun Hersteller von Generika angeschlossen. Der Einspruch wurde mit technischer und rechtlicher Unterstützung des internationalen Netzwerkes I‐MAK (Initiative For Medicines, Access and Knowledge) und des Patentanwaltes Lionel Vial vorbereitet.
Auf welcher Grundlage ficht Ärzte der Welt das Patent an?
Der hohe Preis des Medikaments fußt nach Auffassung von Ärzte der Welt auf einem ungültigen Patent.
Denn bei Einreichung der Dokumente vor dem Europäischen Patentamt wurde nicht die exakte Formel für Sofosbuvir aufgeführt, sondern eine wesentlich breiter gefasste chemische Zusammensetzung. In den eingereichten Unterlagen wurde nach Einschätzung von Ärzte der Welt zudem keine spezifische Methode vorgestellt, um Sofosbuvir synthetisch herzustellen. Außerdem waren Wirkstoffe wie Sofosbuvir bereits früher Gegenstand der Forschung, gehörten also zum State of the Art. An der Universität Cardiff /Wales hatte der Biochemiker Dr. Plinio Perrone den Wirkstoff 2007 bereits entdeckt. Daher hat Sofosbuvir nach Meinung von Ärzte der Welt keinen innovativen Charakter.
Der Einspruch gegen ein Patent ist ein Rechtsmittel, mit dem die Berechtigung des Patentes angefochten werden kann. Patenteinsprüche wurden in der Vergangenheit von zivilgesellschaftlichen Organisationen zum Beispiel in Indien, Brasilien, in Ägypten oder den USA genutzt, um bereits erteilte Patente aufzuheben und die Herstellung von kostengünstigeren Generika zu ermöglichen.
Podiumsdiskussion am 5. Oktober in München
Ärzte der Welt lädt anlässlich der Anhörung am 5. Oktober um 20 Uhr zu einer Podiumsdiskussion ins Münchner Künstlerhaus/Lenbachplatz 8 ein. Experten aus dem Gesundheitswesen diskutieren die Ergebnisse der Anhörung und erörtern die Auswirkungen der drastischen Preissteigerungen bei Arzneimitteln auf unser solidarisches Gesundheitssystem.
Dr. Werner Bartens, Wissenschaftsredakteur bei der Süddeutschen Zeitung, moderiert die Veranstaltung.
Sowohl während der Anhörung als auch im Vorfeld der Veranstaltung stehen Ihnen Interviewpartner aus Deutschland, Frankreich, Spanien und Großbritannien zur Verfügung.
Eine europaweite Kampagne setzt sich darüber hinaus für bezahlbare Medikamente ein: www.derpreisdeslebens.org
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Ärzte der Welt ist die deutsche Sektion der humanitären Organisation Médecins du Monde/Doctors of the World. Das Ärzte der Welt-Netzwerk leistet weltweit medizinische Hilfe für benachteiligte Menschen, die von Krisen oder Verfolgung betroffen sind und setzt sich aktiv für das Menschenrecht auf Zugang zu Gesundheitsversorgung ein. Über 350 Gesundheitsprogramme in fast 80 Ländern (Inlands- und Auslandsprojekte) werden weltweit unterstützt.