Wie funktioniert so ein Übergabeprozess an die lokalen Strukturen?
Inmitten der sehr angespannten Lage, als Tausende intern Vertriebene in Camps in der Provinz KPK lebten, haben wir Gesundheitsstationen direkt vor Ort eingerichtet. Aber bald war klar, dass diese nicht nachhaltig funktionieren würden, weil wir außerhalb der nationalen Strukturen agierten. Es war vor allem der intensive und enge Austausch mit den lokalen Behörden, der es ermöglichte, unsere Arbeit sukzessive in die staatlichen Strukturen zu integrieren. Zudem haben Gemeindekomitees und Gemeindevertreter*innen die entsprechenden Entscheidungsträger*innen auf den verschiedenen politischen Ebenen davon überzeugt, die Gesundheitsstrukturen auszubauen. Pakistan hat bereits vor über 20 Jahren „Gesundheitsversorgung“ als Recht im Gesetz festgeschrieben, aber bekannt war diese Tatsache kaum. In Workshops auf Gemeindeebene wurden dann Ideen entwickelt, wie dieses Recht in die Praxis umgesetzt werden könnte. Und diese Strategien waren erfolgreich.
Ärzte der Welt hat in der Region auch mehrere Geburtsstationen aufgebaut, die rund um die Uhr ihre Dienste anbieten. Konnte dieses Angebot während der Pandemie aufrechterhalten werden?
Wir haben in der Region eine sehr hohe Mütter- und Kindersterblichkeit. Seit 2017 haben wir deshalb vier Rund-um-die-Uhr-Geburtsstationen aufgebaut und waren positiv überrascht, wie gut sie von den Frauen und deren Familien angenommen wurden. Als Anfang 2020 die Covid-19-Pandemie auch Pakistan erreichte, haben wir sofort alle Gesundheitsstationen mit Schutzausrüstung ausgestattet. Weil der öffentliche Nahverkehr völlig eingestellt worden war, haben wir für die Mitarbeitenden einen Abholservice organisiert. Normalerweise arbeitet das medizinische Personal jeweils eine Woche in den sehr abgelegenen Gesundheitsstationen. Die Schichten wurden dann auf zwei Wochen verlängert – eine riesige Kraftanstrengung für alle Beteiligten. Aber es ist uns tatsächlich gelungen, sämtliche medizinischen Angebote das ganze Jahr 2020 offen zu halten. Und in zwei Gesundheitsstationen konnte die Trägerschaft der Geburtenstation vollständig an das Gesundheitsministerium übergeben werden.