Unsere Geschichte
Das Engagement einer kleinen Gruppe von Ärzten, die Menschenrechtsverletzungen, deren Zeuge sie waren, nicht länger verschweigen wollten, markiert den Beginn der Arbeit der internationalen humanitären Organisation Ärzte der Welt/Médecins du Monde/Doctors of the World.
1979: Île de Lumière
Bei der Massenflucht vietnamesischer Boat People Ende der 70er Jahre lenkten 15 Ärzte den Blick der Weltöffentlichkeit auf die humanitäre Tragödie auf hoher See. Gemeinsam mit Journalisten retteten sie in einer spektakulären Aktion viele der vom sicheren Ertrinkungstod bedrohten Flüchtlinge. Im März 1980 gründete die Gruppe Médecins du Monde.
Oberstes Leitprinzip ist es seitdem, nicht nur Hilfe zu leisten, sondern auch Verstöße gegen Menschenrechte zu dokumentieren.
Ärzte der Welt e.V. arbeitet seit dem Jahre 2000 als deutsche Sektion der internationalen humanitären Organisation Médecins du Monde/Doctors of the World.
1980: Afghanistan
Im Dezember 1979 marschiert das sowjetische Militär in Afghanistan ein, wo bereits ein bewaffneter Konflikt herrscht. Zu diesem Zeitpunkt leiden die Menschen bereits unter einer Hungersnot, die medizinische Infrastruktur ist kaum funktionsfähig. Ärzte der Welt nimmt ein Hilfsprogramm auf, bildet das medizinische Personal vor Ort weiter, impft Patienten und hilft beim Wiederaufbau des Schul- und Agrarwesens.
1981: El Salvador
Sommer 1980: Die Kämpfe zwischen Militär und Guerilla-Gruppen in El Salvador verschlechtern die Lebensbedingungen der Bevölkerung gravierend. Die Menschen fliehen vor den Massakern. Ärzte der Welt organisiert das „Flugzeug für El Salvador“ und entsendet Lebensmittel, Medikamente, Kleidung und öffnet ein Flüchtlingscamp.
1984: Brasilien
Die indigene Bevölkerung in den Wäldern Brasiliens leidet unter dem Raubbau der Industrie. Die Kontakte mit den Plünderern sind meist gewaltvoll, Vergewaltigungen und die dadurch bedingte Verbreitung sexuell übertragbarer Krankheiten nehmen zu. Viele Kinder sind mangelernährt. Ärzte der Welt eröffnet ein Gesundheitszentrum im Territorium der Yanomami, eine weitere Versorgungsstation wird in Boa Vista eingerichtet. Ärzte der Welt führt Gespräche mit brasilianischen Ministerien, um einen Nothilfeplan für die indigene Bevölkerung aufzustellen.
1986: Südafrika
In Südafrika herrscht die Apartheid. Die Unterteilung der Bevölkerung in acht verschiedene Rassen verwehrt unzähligen Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung. Ärzte der Welt nimmt 1985 ein Programm in Südafrika zugunsten der unterdrückten Bevölkerungsgruppen auf und bietet in den Townships eine medizinische Basisversorgung, fließendes Wasser und Strom. Ärzte der Welt kooperiert mit einer lokalen Organisation und versorgt freigelassene Gefangene. Nachdem Nelson Mandela 1990 freigelassen wird und die Apartheid-Gesetze abgeschafft werden, bildet Ärzte der Welt Gesundheitshelfer aus, um den Weg zu einem gleichberechtigten Gesundheitssystem zu ebnen.
1988: Kambodscha
Rund zehn Jahre nach Sturz des blutigen Pol Pot-Regimes öffnet sich Kambodscha für internationale Hilfen. In einem ehemaligen französischen Krankenhaus in Phnom Penh nimmt Ärzte der Welt die Arbeit auf, um einen Beitrag zum Wiederaufbau des Landes zu leisten. Gleichzeitig beteiligt sich Ärzte der Welt an einem Programm, lokale medizinische Fachkräfte aus- und weiterzubilden. In diesem Zuge wird 1989 die Aktion Lächeln ins Leben gerufen.
1989: Mauerfall
Der Kalte Krieg endet. Viele regionale Konflikte flammen wieder auf. Die Blauhelme der Vereinten Nationen (UN) beginnen mit humanitären Einsätzen, da Zivilisten immer häufiger zur Zielscheibe werden. Ärzte der Welt setzt sich verstärkt für die Einhaltung von humanitärem Völker- und Menschenrecht, sowie für die mentale Gesundheit in Konflikten ein.
1989: Rumänien
Ärzte der Welt ist die erste humanitäre Organisation, die am Tag nach dem Sturz und der Hinrichtung des Diktators Ceausescu in Rumänien die Arbeit aufnimmt. Ein medizinisches Team entdeckt massiv überfüllte Waisenhäuser, viele der Kinder sind mit HIV infiziert. Psychiater von Ärzte der Welt berichten von nicht reparablen psychischen Schäden, die durch Gewalt und Verwahrlosung entstanden sind.
1990: Europäische Charta der humanitären Hilfe
Am 31. März 1990 verabschieden Mediziner aus den europäischen Staaten die Krakauer Charta der humanitären Hilfe und legitimieren ihren "Schutzauftrag" gegenüber vulnerablen Bevölkerungsgruppen.
1992: Somalia
1992 herrscht in Somalia bereits seit mehreren Jahren Krieg, eine Hungersnot verschlimmert die Situation der Menschen immer weiter. Humanitäre Nichtregierungsorganisationen werden aufgrund der gefährlichen Lage von bewaffneten Sicherheitsleuten begleitet. Ärzte der Welt versucht das Hilfsprogramm so lange wie möglich durchzuführen, um das Land beim Wiederaufbau zu unterstützen. Nach wenigen Monaten müssen die Teams Somalia wegen der anhaltenden Konflikte verlassen. 1993 werden die Hilfseinsätze wieder aufgenommen.
1993: Jugoslawien
1991 beginnt der Zerfall Jugoslawiens. Ärzte der Welt ist in Bosnien und Kroatien aktiv und versorgt die notleidende Bevölkerung in den betroffenen Gebieten mit Medikamenten und kümmert sich um die Flüchtlinge – die Nothilfe dauert sechs Jahre an. Angesichts der Gewalt und der ethnischen Säuberungen startet Ärzte der Welt eine politische Kampagne, um die Verbrechen gegen die Menschlichkeit in den serbischen Gefangenenlagern öffentlich anzuprangern. Im Jahr 1995 veröffentlicht Ärzte der Welt eine Dokumentation der serbischen Kriegsverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof.
1994: Ruanda
In den rund 100 Tagen, die der ruandische Völkermord andauert, verlieren rund 800,000 Menschen ihr Leben. Humanitäre Organisationen können aufgrund der massiven Gewalt nur punktuell aktiv werden. Ärzte der Welt entsendet wenige Tage nach Beginn des Genozids ein Ärzte-Team für Notoperationen. Im Juli 1994 sind die Massenmorde vorbei. Ärzte der Welt unterstützt ländliche Kliniken mit medizinischem Material, Psychiater behandeln verwaiste Kinder, die durch den Tod oder das Verschwinden ihrer Eltern Traumata davongetragen haben.
1995: Tschetschenien
Im Dezember 1994 greift das russische Militär Tschetschenien an. Ärzte der Welt übernimmt die Leitung von sechs Flüchtlingszentren. 1996 wird die Hilfe durch ein Programm zur mentalen Gesundheit ergänzt, da viele unter Posttraumatischen Belastungsstörungen leiden. Als 1999 die russische Armee erneut Angriffe startet, ist Ärzte der Welt die einzige Nichtregierungsorganisation, die humanitäre Hilfe für die rund 250.000 Flüchtlinge leistet.
1999: Kosovo
Ärzte der Welt muss den Kosovo verlassen, weil die NATO mit Luftangriffen beginnt. Die Notfall-Teams verlagern ihre Aktivitäten in Richtung der Grenzen zu Mazedonien, Albanien und Montenegro, wo die größten Flüchtlingsströme ankommen. Nach den Bombenangriffen versorgt Ärzte der Welt die Bevölkerung im Inland. Ärzte der Welt vertritt klar den Standpunkt, dass Luftangriffe kein legitimes Mittel zum Schutz der Zivilbevölkerung sind.
2000: Gründung der deutschen Sektion
Der deutsche Zweig des internationalen Netzwerks Médecins du Monde eröffnet unter dem Namen Ärzte der Welt ein Büro in München. Die in Frankreich entstandene Bewegung der „French doctors“ ist schon lange ein internationales Phänomen geworden. In Deutschland setzt sich eine Gruppe von Mediziner(inn)en – viele von ihnen sind ehemalige Projektmitarbeiter – zusammen und gründen Ärzte der Welt Deutschland.
2000: Gaza
Am 28. September 2000 besucht der ehemalige israelische Premierminister Ariel Scharon den Tempelberg in Jerusalem. Auf gewaltsame Auseinandersetzungen folgt die Zweite Intifada. Ärzte der Welt entsendet Notfallteams und chirurgisches Material, um die Kliniken in Gaza und im Westjordanland zu unterstützen und Verletzte zu versorgen.
2001: Aktion Lächeln
Die „Aktion Lächeln“ ist das erste Projekt, an dem sich der deutsche Zweig von Ärzte der Welt beteiligt. Europäische Ärzte operieren in Kambodscha kostenfrei Kinder mit angeborenen Fehlbildungen. Gleichzeitig werden die kambodschanischen Ärzte weitergebildet, um die lokalen medizinischen Strukturen nachhaltig zu stärken.
2002: Palästinensische Gebiete
Ärzte der Welt startet ein Programm, um die lokalen Gesundheitsstrukturen für den Notfall vorzubereiten. Später wird sich das Auswärtige Amt an dem Programm beteiligen.
2004: Indonesien
240.000 Menschen verlieren durch den Tsunami am zweiten Weihnachtsfeiertag 2004 ihr Leben. Ärzte der Welt beginnt mit einem Noteinsatz, um Verletzte zu versorgen, medizinische Strukturen wieder aufzubauen und mögliche Ausbrüche von Epidemien zu überwachen. Auch in Sri Lanka versorgt Ärzte der Welt die Verletzten und unterstützt die Stadt Batticaloa beim Wiederaufbau eines Krankenhauses.
2006: Sudan
Obwohl die Friedensverhandlungen im Süden Sudans fast abgeschlossen sind, entstehen erneut Spannungen in der Region Darfur, es geht um den Zugang zu Land und Wasser. Ärzte der Welt nimmt ein Hilfsprogramm im Osten des Landes auf, um die vom Bürgerkrieg betroffenen Menschen medizinisch zu versorgen.
2006: Deutschland
Das erste Inlandsprojekt wird eröffnet. In der Münchner Anlaufstelle open.med können sich Menschen ohne Krankenversicherung kostenlos behandeln und beraten lassen. Das Hauptziel von open.med ist die Verbesserung des Zugangs zu medizinischer Grundversorgung für alle Menschen in Deutschland – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus oder Einkommen.
Ärzte der Welt Deutschland darf das Spenden-Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) führen. Das Siegel schafft aufgrund der strengen Prüfkriterien Vertrauen und Transparenz. Von bundesweit ca. 20.000 Spendenorganisationen tragen es rund 260 Organisationen.2007: Horn von Afrika
Millionen Menschen hungern während der Dürrekatastrophe in Ostafrika. Auch die anhaltenden Kämpfe zwischen der äthiopischen Armee und islamistischen Warlords verschlechtern die humanitäre Lage. Ärzte der Welt betreibt Gesundheitsprogramme für Flüchtlinge und die lokale Bevölkerung.
2009: Stuttgart
Ein umgebauter Ambulanzwagen, das MedMobil, fährt zum ersten Mal in Stuttgart öffentliche Plätze an und bietet Menschen in schwierigen Lebenssituationen kostenlose medizinische Hilfe und soziale Beratung.
2010: Haiti und Pakistan
Nach dem Erdbeben in Haiti und der Flutkatastrophe in Pakistan leistet Ärzte der Welt Soforthilfe und unterstützt die lokalen Gesundheitsstrukturen. Das Erdbeben hat das bereits angeschlagene Land verwüstet und rund 200.000 Tote gefordert. Rund 20 Millionen Menschen sind von den Überschwemmungen in Pakistan betroffen.
2011: Syrien
Der syrische Bürgerkrieg bricht aus. Zehntausende sterben, Millionen sind auf der Flucht. Rund 13 Millionen Menschen benötigen laut UNHCR humanitäre Hilfe. Ärzte der Welt versorgt Kriegsflüchtlinge in den Anrainerstaaten und in Syrien.
2012: Togo
Ärzte der Welt startet ein Projekt zur Ausbildung von Hebammen, um die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu senken. Mehr als ein Drittelder Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren ereignet sich in den ersten 28 Tagen ihres Lebens.
2012: Myanmar
Im Rahmen eines neuen Projektes behandeln deutsche Ärzte Menschen mit Augenkrankheiten und operieren vor allem Patienten mit Grauem Star. Bei einem zweiwöchigen Einsatz konnten hunderte Patient(inn)en versorgt und 60 Operationen durchgeführt werden.
2013: Philippinen
Der Taifun Hayan richtet verheerende Zerstörungen an. Ein Notfallteam von Ärzte der Welt leistet medizinische Akutversorgung und unterstützt beim Wiederaufbau. Durch ein Regionalbüro in Manila kann die Hilfe schnell und effektiv umgesetzt werden.
2014: Westafrika
Die Ebola-Epidemie breitet sich immer weiter aus. Ärzte der Welt hilft durch Prävention und Aufklärung und behandelt Patienten in Gesundheitszentren in Sierra Leone, Liberia und Guinea. Zu diesem Zeitpunkt sind 8.400 Menschen mit dem Virus infiziert, über 4.000 sind an der Krankheit gestorben.
2014: Griechenland
Das Gesundheitssystem des Landes steht kurz vor dem Kollaps, immer mehr Menschen haben keine Krankenversicherung, Flüchtlinge bleiben unversorgt. Im ganzen Land sind Teams von Ärzte der Welt tätig, um medizinische Hilfe zu leisten.
2014: Hamburg
Beginn der Kooperation mit dem Verein hoffnungsorte hamburg, der Menschen medizinisch versorgt, die sich eine Krankenversicherung nicht leisten können. Der Bedarf ist groß: rund 1000 Konsultationen werden pro Jahr gegeben.
2015: Nepal
Nachdem ein Erdbeben weite Teile der Himalayaregion zerstört hat, versorgt Ärzte der Welt die Verletzten und baut Gesundheitsstationen wieder auf. Fast 9.000 Tote und über 22.000 Verletzte sind die Bilanz der Naturkatastrophe.
2015: Frankreich
Katastrophale Zustände herrschen im Flüchtlingscamp Calais, dem "Dschungel". Ärzte der Welt betreibt eine Gesundheitsstation und bietet psychosoziale Beratung an. Vor der Räumung des „Dschungels von Calais“ halten sich rund 6.000 Migranten in dem Camp auf. Ein neues Camp in Grande-Synthe entsteht.
2015: Deutschland
Angesichts wachsender Flüchtlingsbewegungen weitet Ärzte der Welt das Engagement in Deutschland und Europa aus und hilft bei der medizinischen Versorgung der Schutzsuchenden. In Deutschland, besonders um den Münchner Hauptbahnhof und den Zentralen Omnibusbahnhof, ist der Bedarf an medizinischer Hilfe groß.